Omikron: Wie verändert BA.2 die Dynamik hinter den Kulissen

  • 15.02.2022
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Die Dynamik von Omikron-Welle und Quarantäne-Fällen hängt stark von der Ausbreitung der Subvariante BA.2 ab. Aber wie funktioniert das?

Die Dynamik der Covid-Pandemie ändert sich laufend. Am offensichtlichsten ist und war dies in den “Peaks” der Fallzahlen. Aktuell vollzieht sich jedoch eine - von außen - nur bedingt sichtbare Änderung: der Dominanzwechsel von BA.1 auf BA.2.

Was dies für Auswirkungen hat, veranschaulicht die Abbildung 1. In ihr werden drei theoretische Prognose-Szenarien für Oberösterreich gerechnet, die sich voneinander “nur” durch die BA.2-Startrate (“Startprävalenz”) unterscheiden. Die erhobenen Daten für die BA.2 Prävalenz sind Stichproben, welche je nach Quelle und Stichprobengröße Schwankungen unterliegen. Um diese Schwankungsbreite für die Daten aus Kalenderwoche 5 (31.1.-6.2.2022) abzudecken, wurden neben dem wahrscheinlichen Mittelwert von 8% BA.2-Verbreitung auch noch Szenarien mit 4% und 12% gerechnet.

Abbildung eins zeigt in drei Szenarien, wie sich die Anfangs-Prävalenz von BA.2 auswirkt. Dabei reichen schon geringe Änderungen für einen sehr unterschiedlichen weiteren Pandemieverlauf. Bei leicht geringerer Anfangsverbreitung von BA.2 verschiebt sich der BA.2-Gipfel um mehr als zwei Wochen nach hinten und fällt auch niedriger aus. Die Gesamtinzidenz ergibt sich durch die Überlagerung der AB.1 und AB.2 Kurven. Wandert der AB.2 Peak nach hinten, so fällt die Gesamtkurve flacher aus.
Abbildung 1: Es ist zu sehen, wie der Peak der BA.2 Welle mit höherer Start-Prävalenz nicht nur früher stattfindet, sondern auch höher ausfällt. V.l.n.r.: Szenario mit leicht reduziertem BA.2-Ausgangsniveau, Basisszenario mit BA.2-Niveau laut Realdatenschätzung, Szenario mit leicht erhöhter BA.2-Startprävalenz für Oberöstereich. Dient aus Aktualitätsgründen nicht der exakten Zeitpunktmodellierung, sondern der Veranschaulichung (Grafik in voller Auflösung).

In der Abbildung sind unten die Kurven für Varianten Delta, Omikron-BA.1 und Omikron-BA.2 separat dargestellt. Die Grafiken in der oberen Zeile zeigen die Summen der Einzelkurven. In der Simulation zeigt sich, dass eine schnellere Dominanz-Übernahme von BA.2 frühere und höhere BA.2-Kurven zur Folge hat (untere Grafiken). Dies wiederum führt (obere Grafiken) zu einer steileren gesamten Epidemiekurve.

Eine steilere Epidemiekurve wiederum bedeutet, dass sich, nach derzeitigen Regeln, mehr Menschen gleichzeitig in Quarantäne befinden (müssen) - was wiederum direkte Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben hat (Sperrungen von Schulklassen, Versorgung und Infrastruktur, …). Um die Anzahl der gleichzeitig in Quarantäne befindlichen Personen zu reduzieren, ist es daher sinnvoll die Kurve in ihrer Höhe abzuflachen.

Lockerungen im Anstieg der Kurve bestärken die Dynamik. Hingegen haben Lockerungen nach dem Überschreiten eines Peaks relativ betrachtet sehr viel geringere Auswirkungen. Das liegt unter anderem daran, dass die gemessene Dynamik der realen Dynamik um ca. eine Woche nachhinkt, d.h. wenn in den Messungen der Peak stattfindet, geht es real bereits zügig nach unten.

Insgesamt empfiehlt es sich daher, dass die Dynamik von BA.1 und BA.2 getrennt betrachtet wird und Lockerungen (vorbehaltlich keiner neuen Virusvarianten) vom Peak-Zeitpunkt der BA.2 Variante abhängig gemacht werden. Ob und wie lange die Zahlen der Positivtestungen noch Relevanz haben, ist eine gesellschaftliche und politische Diskussion, die unbedingt zu führen ist.


Überlappung von Wellen

Um die Auswirkung von zwei sich überlappenden Epidemiewellen darzustellen, wurde ein Beispielszenario mithilfe eines stark vereinfachten Modells gerechnet. Dabei wird der Ausbreitungsbeginn der BA.2-Welle in jedem Simulationslauf nach hinten geschoben. In Abbildung 2 dargestellt ist die sich daraus ergebende Epidemiekurven und ihre Überlappung. Markiert (mit einer senkrechten schwarzen Linie) ist außerdem der Zeitpunkt zu dem die BA.2-Variante ein Prozent aller Infektionen ausmacht.

Als Animation dargestellt wird der Beginn der BA.2-Welle, ausgehend vom gleichzeitigen Beginn mit der BA.1-Welle, Schritt für Schritt nach hinten verschoben. Zu Beginn liegen die beiden Wellen also direkt übereinander und sind somit fast doppelt so hoch wie die BA.1-Welle alleine. Wandert nun der Beginn von BA.2 nach hinten, während die BA.1-Welle fix bleibt, so flacht die Gesamtwelle zusehends ab. Wandert der Gipfel von BA.2 weit genug nach hinten, trennen sich die beiden Wellen und werden als jeweils eigene erkennbar.
Abbildung 2: Auswirkung des Zeitpunkts des ersten Auftauchen (1% der tgl. Neuinfektionen) der BA.2 Variante auf das beobachtete Fallgeschehen.

Die Animation zeigt, welche Auswirkung der Zeitpunkt des BA.2-Peaks hat. Fällt er mit dem BA.1-Peak (links im Bild) zusammen, ergibt sich ein hoher Gesamtpeak. Wandert der BA.2-Peak weiter nach hinten flacht zuerst die Kurve ab. Ist der zweite Gipfel weit genug vom Ersten entfernt, trennen sich die beiden Wellen und werden als jeweils eigene erkennbar.