COVID-19: Analyse von Dunkelziffer und Immunitätsstatus

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Besseres Systemverständnis: Simulationsmodell ermöglicht Abschätzung nicht erhebbarer Pandemie-Daten

Die große Herausforderung bei der Einschätzung der COVID-19-Situation ist, dass viele notwendige Informationen und Daten nicht verfügbar sind. Das hat zum einen organisatorische Gründe (u.a. werden Daten nicht konsistent erfasst und zusammengeführt): dies betrifft zum Beispiel die Verbindung der Daten zur Schwere von Erkrankungen oder Vorerkrankungen zum Impfstatus. Zum anderen liegt es in der Natur der Krankheit selbst. So werden asymptomatische Erkrankungen nur dann erfasst, wenn die betroffene Person (zufällig) zum richtigen Zeitpunkt getestet wird. Ähnliches gilt für die Immunität; die Impfung schützt zwar sehr zuverlässig, aber eben nicht 100% der geimpften Personen. Hinzu kommt, dass Menschen, die geimpft wurden oder genesen sind, ihre Immunität nach einer gewissen Zeit auch wieder verlieren.

Für eine fundierte Lagebeurteilung und vor allem um die weitere Dynamik abschätzen zu können, ist es aber wichtig zu verstehen, wie viele Menschen aktuell noch infizierbar sind und wie viele eben nicht. Zusammen mit weiteren Daten, wie gesetzten Maßnahmen, Daten zum Virus, bestehenden Testprogrammen aber auch der aktuellen Wettersituation und Mobilität kann so eine Prognose erstellt werden. Dazu werden daher alle verfügbaren Informationen und Daten kombiniert. Mithilfe des Simulationsmodells, in dem alle (knapp) 9 Millionen ÖsterreicherInnen als “digitale Doppelgänger” abgebildet sind, kann dann der Ist-Zustand realitätsnahe berechnet werden. Für die Immunisierung zeigt sich dabei, dass es zwischen den Daten (genesene und geimpfte Personen) und den aktuell tatsächlich Immunen, starke Unterschiede gibt.

Die folgenden Diagramme (Kurzzusammenfassung und Detailansicht) werden regelmäßig aktualisiert, um den aktuellen Stand dieser Daten und Zusammenhänge darzustellen.


Stand der Daten: 1.11.2021

Kurzfassung

Wie viele Menschen in Österreich weder geimpft noch genesen sind, lässt sich theoretisch einfach berechnen. Im Epidemiologischen Meldesystem (EMS) sind alle bestätigten Krankheitsfälle dokumentiert und aus dem Impfprogramm kennt man die Zahl der Teil- und Vollgeimpften. Der Unterschied zur Gesamtbevölkerung ist also der “sichtbare” Anteil an ungeschützten Personen (linker Balken). Diese Zahl berücksichtigen jedoch nicht die unentdeckt überstandenen Erkrankungen (asymptomatische Fälle).

Mithilfe des Computermodells kann diese Dunkelziffer jedoch berechnet werden. Zieht man sie von nicht genesen, nicht geimpft ab, so scheint die Anzahl an gefährdeten/nicht immunisierten Personen (deutlich) besser zu sein (mittlerer Balken).

Doch auch diese Perspektive ist nicht vollständig. Denn sie berücksichtigt nicht den Verlust der Immunität. Denn genesene Menschen verlieren ihre (natürliche) Immunisierung nach einer gewissen Zeit. Und bei der Impfung gibt es ebenfalls keinen 100%igen Schutz, bzw. muss auch dieser Schutz erneuert werden. Berücksichtigt man diese Effekte, dann zeigt sich, dass es deutlich mehr nicht-immunisierte Menschen gibt.

 

Modellierung der Personen die weder bestätigt genesen sind noch eine Immunisierung durch Impfung besitzen - ohne Dunkelziffer basierend auf Realdaten 1.11.2021 Modellierung inklusive Dunkelziffer (unbestätigt Genesene) basierend auf Realdaten 1.11.2021 Modellierung des tatsächlichen Immunisierungsstatus.

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Im rechten Balken wurden jeweils zusammengefasst:

  • Geimpft ohne Immunität:
    • Vollgeimpt
    • Teilgeimpft
  • Unbestätigt genesen ohne Immunität:
    • Unb.Genesen
    • Unb.Genesen + Vollgeimpft
    • Unb.Genesen + Teilgeimpft
  • Genesen mit Immunitätsverlust:
    • Genesen
    • Genesen + Vollgeimpft
    • Genesen + Teilgeimpft

Im Detail

Auf der linken Seite sind Impffortschritt und die Genesungen basierend auf den offiziellen Daten dargestellt. Also wie viele Menschen in Österreich aktuell …

  • genesen (blau)
  • teilgeimpft (blau)
  • vollgeimpft (grün)
  • genesen und teilgeimpft (grün)
  • genesen und vollgeimpft (grün) sind, oder
  • weder noch (rot).

Die geimpften Menschen teilen sich auf teilgeimpft, vollgeimpft und genesen und teil- bzw. vollgeimpft auf. Zu beachten ist, dass bereits hier der Zeitverzug der Impfung inkludiert ist, d.h. die Zahlen sind nicht direkt mit den Impfzahlen vergleichbar.

 


Modellierung ohne Dunkelziffer basierend auf Realdaten 1.11.2021 Modellierung inklusive Dunkelziffer basierend auf Realdaten 1.11.2021 Modellierung der effektiven Immunisierung in der Bevölkerung
Dabei werden durch Kalibrierung die Realdaten* möglichst genau angenähert und es wird die Sichtweise des Gesundheitssystems eingenommen, d.h. nur identifizierte Fälle werden dargestellt. Im gleichen Modell wird die Sichtweise eingenommen, dass die modellierte Gesamtdynamik vollständig bekannt ist. Menschen haben im Modell mind. einmal Kontakt mit Virus und/oder Impfung. Durch mangelnde Impfwirksamkeit, teilw. Verlust von Immunität über die Zeit und andere Effekte modellierte „Realimmunisierung“ mit vollem Schutz

*Realdaten 1.11.2021 inkl. Verzögerung der Impfwirkung basierend auf (http://www.dexhelpp.at/site/assets/files/2311/impfmodell_3.png): teilgeimpft 2,0% vollgeimpft 58,1% nicht geimpft, nicht genesen 30,4% genesen & vollgeimpft 3,3% genesen & teilgeimpft 1,5% genesen 4,7%, BMSGPK


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In der mittleren Achse werden zusätzlich die unbestätigten Krankheitsfälle (Dunkelziffer) berücksichtigt. Dadurch steigt die Zahl der Menschen, die durch Kontakt mit dem Virus und/oder der Impfung bereits Immunität entwickelt haben an.

Diese Verschneidung der erfassten Zahlen (Impfungen & Genesungen) mit der Dunkelziffer auf Basis unterschiedlicher Antikörper Studien und publizierter Daten ist durch die Modellrechnung auf der virtuellen Bevölkerung möglich. Die “Dunkelziffer-Gruppen” teilen sich auf in Menschen, die eine unbestätigte Erkrankung hatten und entweder vollgeimpft, teilgeimpft oder nicht-geimpft sind.

Aber…

Wie viele Menschen vollständig immunisiert sind, ist ganz rechts dargestellt. Damit ist nicht gemeint wie viele Menschen doppelt geimpft sind, sondern es ist die Zahl der Menschen, die in der virtuellen Welt wirklich gegen eine Ansteckung geschützt sind. Dazu muss der Verlust der Immunität sowie Einschränkungen der Impfwirksamkeit berücksichtigt werden. Im Computermodell wird der Epidemieverlauf in der virtuellen Bevölkerung mit den Daten aus dem Impfprogramm, Studien (u.a. Impfschutz siehe z.B. http://www.dexhelpp.at/site/assets/files/2311/impfmodell_3.png oder Immunitätsverlust) oder anderen Modellierungen (u.a. Immunitätsverlust https://www.tuwien.at/tu-wien/aktuelles/news/news/covid-19-modellrechnungen-genesene-bleiben-lange-geschuetzt ) simuliert.

Diese Daten zeigen den modellierten Ist-Zustand für die effektive Immunität der österreichischen Bevölkerung (rechte Achse der Grafik). Unter Berücksichtigung des Immunitätsverlustes, des nicht 100%-igen Wirkungsgrades der Impfung und anderer Effekte liegt der Anteil der Personen mit voller Immunität zwischen 60% und 65%. Vor allem in den Gruppen teilgeimpft, unbestätigt genesen und vollgeimpft finden sich viele Menschen, die keine oder nur mehr eine reduzierte Immunität besitzen oder diese bereits wieder – zumindest teilweise – verloren haben. Erklärungen hierfür sind, dass die Impfung oder Genesung bereits (zu) lange her ist, dass eine Teilimpfung nur mangelhaft schützt, sowie, dass der Impfschutz keine 100% erreicht.

Diese „retrospektive“ Modellierung ermöglicht somit eine Einordnung, wo wir stehen. 60-65% Prozent sind nach aktuellem Model-Stand effektiv immunisiert und sind (in der vereinfachten Modellwelt) nicht mehr infizierbar. Sie stellen aktuell eine menschliche „Barriere“ gegenüber den simulierten Viren dar.

Basierend auf diesen Ergebnissen können nun zusammen mit modellierten Impfstrategien „prospektive“ Szenarien berechnet werden. In einer aktuellen Schätzung gehen wir davon aus, dass ein Anteil von etwa 80% immunisierter Personen notwendig ist, um ausschließlich durch Immunität (abgesehen von sinnvollen Hygienemaßnahmen, die auch für andere Infektionskrankheiten sinnvoll sind) die Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Schach zu halten. Ohne harte epidemiologische Maßnahmen (Lockdowns o.ä.) wird dieser Wert entweder durch eine entsprechende Anzahl an Erkrankungen oder Impfungen erreicht werden. Dabei ist aus gesellschaftlicher Sicht der Weg über die Impfung deutlich erstrebenswerter, da so direktes (Krankheit und Tod) und indirektes (Kollateralschäden durch Überlastung des Gesundheitssystems) menschliches Leid vermieden werden kann.